Criminal Law, Evidence, Murder, Police and Prosecutors, Soering, True Crime

Markus Lanz hilft Söring, Verwirrung über den Sockenabdruck zu stiften

Hier noch ein kurzer Fakten-Check zum Interview mit Jens Söring (alle Rechte verbleiben wie immer beim ZDF). In diesem Clip sprechen Söring und Lanz über den blutigen Sockenabdruck, den Söring am Tatort hinterlassen hat:

 

Man beachte, wie Markus Lanz jegliche Neutralität aufgibt und Söring aktiv bei seiner Argumentation unterstützt.

Die erste Korrektur hier ist natürlich, dass Söring nicht aufgrund des blutigen Sockenabdrucks verurteilt wurde. Seine Verurteilung beruht auf die vollständigen, detaillierten und überzeugenden Geständnisse, die er abgelegt hatte.

Diese Geständnisse enthielten zahlreiche Details, die nur der Mörder gekannt haben konnte und die Söring unmöglich von einer anderen Quelle, einschließlich Elizabeth Haysom, erfahren haben konnte. Ein detailliertes Geständnis, das freiwillig abgelegt und durch zusätzliche Zeugenaussagen und physische Beweise untermauert wird, ist vielleicht der stärkste Beweis, den man sich vorstellen kann. Und genau das hat die Jury gehört. Die Jury bat darum, den Sockenabdruck und den Fußabdruck von Söring zu untersuchen, um sicherzustellen, dass diese Beweisstücke nicht doch irgendwie unvereinbar mit Sörings Anwesenheit am Tatort waren. Das waren sie nicht. Die Jury hat ihn also verurteilt. Zu Recht.

Söring behauptet, dass laut einem vorläufigen Bericht der Sockenabdruck einem Herrenschuh der US-Größe 5 oder 6 entsprach. Söring bezieht sich dabei auf dne Bericht von Rick Johnson vom Virginia Bureau of Forensic Science vom 8. Juni 1985. Hier ist die entsprechende Passage:

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Es ist offensichtlich, dass es hier lediglich um eine grobe vorläufige Einschätzung geht. Johnson hatte zu dieser Zeit nichts, womit er den Sockenabdruck vergleichen könnte. Es ist unmöglich, die Schuhgröße einer Person anhand eines Sockenabdrucks genau zu bestimmen. Wie wir alle wissen, können Schuhgrößen auch je nach Marke, Passform und Stil erheblich variieren. Johnsons Aussage ist eine beiläufige Bemerkung in einer vorläufigen Phase der Untersuchung, die ohne weitere Bezugspunkte gemacht wurde.

Später wurde es doch möglich, den Fußabdruck von Söring direkt mit dem Sockenabdruck zu vergleichen. Wir erinnern uns, dass Söring aus den USA floh und seine Universitätsstipendien (Echols und Jefferson Scholarships) aufgab, um der Polizei keine Finger- oder Fußabdrücke zu geben. Nachdem er verhaftet worden war, hatte er dann keine andere Wahl. Nachdem er den Fußabdruck Sörings bekommen hatte verglich der FBI-Experte Robert Hallett den Fußabdruck von Söring mit dem blutigen Sockenabdruck am Tatort. Dieser Clip aus dem amerikanischen Fernsehsender Court TV (der weite Strecken von Sörings Prozess ausstrahlte und alle Rechte an diesem Clip behält) gibt die Analyse und Schlussfolgerungen von Hallett wieder und enthält mehrere klare Bilder des Exponats, das der Geschworenen bei Sörings Prozess gezeigt wurde.

 

Jeder kann einfach selbst beurteilen, ob der Sockenabdruck von Söring stammen könnte, mit den eigenen zwei Augen. Es ist auch zu bedenken, dass Hallett im Prozess gegen Söring nicht als Experte für Sockenabdrücke ausgesagt hat. Das gibt es nicht; Sockenabdrücke lassen sich natürlich nicht zuverlässig vergleichen. Hallett sagte lediglich über die Schritte aus, die er unternommen hat, um den Sockenabdruck mit dem Fußabdruck zu vergleichen.

Er hat nie ausgesagt, dass Söring den Sockenabdruck hinterlassen hat. Er sagte nur aus, dass Söring den Sockenabdruck hinterlassen haben könnte.

Das ist unbestreitbar richtig, wie Sie sehen können. Wieder einmal hat Markus Lanz Jens Söring geholfen, die historische Bilanz zu fälschen.

2 thoughts on “Markus Lanz hilft Söring, Verwirrung über den Sockenabdruck zu stiften”

  1. Herr Hammel, wieso sollte es offensichtlich sein, dass es sich bei sich bei dem Bericht von Rick Johnson vom 08.06.85 lediglich um eine grobe vorläufige Einschätzung handelt ? Rick Johnson hat aufgrund des Sockenabdruckes die Fußlänge des Verursachers analysiert, und dabei zunächst dessen Fußlänge bestimmt. Diese lag nach seiner Bewertung zwischen 9-9,5 inches (22,86 -24,13 cm). Die Sache ist eigentlich ganz einfach, stimmt die von Johnson ermittelte Fußlänge mit der von Jens Söring überein, kommt er als Verursacher des Abdruckes in Frage, falls seine Fußlänge mehr als 9-9,5 inches beträgt kommt er nicht in Frage. 

    Die Schuhgröße spielt demzufolge keine entscheidende Rolle, da die Fußlänge ja bereits ermittelt wurde. Jedoch lässt sich  die zur Fußlänge zugehörige Standardschuhgröße leicht aus den existierenden Tabellen ablesen. Bei Männern liegt die zugeordnete Standardschuhgröße für 9-9,5 inches bei Größe 5-6. Das hat also nichts mit einer ersten groben Einschätzung zu tun, sondern ist eine Tatsache.

    Ein Vergleich zu einer Bezugsgrösse wie z.B. Fußabdruck der oder des Verdächtigen ist für diese Erkenntnisse, und anders als von Ihnen dargestellt, völlig irrelevant. Entscheidend ist zunächst wie gesagt die Fußlänge, welche ja ganz einfach gemessen werden kann.

    Ihr Einwand, dass die individuelle Schuhgröße je nach Marke, Passform und Stil erheblich variieren kann, ist ebenfalls irrelevant, und erscheint mir eher eine Nebelkerze. Der Sachverständige Johnson hat für die Bestimmung der Schuhgröße ja schließlich nicht einen speziellen Schuh einer bestimmten Schuhmarke herangezogen, sondern die offizielle Tabelle Fußlänge – Schuhgröße, die in jedem Schuhgeschäft zur Bestimmung der Fußlänge – Schuhgröße herangezogen wird, und welche unabhängig von der Schuhmarke, Form und Stil der einzelnen Schuhe ist.

    Sockenabdruck und Fußabdruck zum Vergleich übereinander zulegen, erscheint mir eine weitaus unzuverlässigere bzw. unseriöse Methode. Ein Sockenabdruck kann durchaus größer bzw. länger sein als die eigentliche Fußlänge des Verursachers (Socken haben keinen Grip, man rutscht nach vorne beim auftreten und verlängert somit seinen eigentliche Fußabdruck).

    Fazit: das Gutachten von Johnson war durch die Berechnung der Fußlänge einfach und effektiv, und hätte Söring als Verursacher des Fußabdrucks ausgeschlossen, da dessen Fußlänge deutlich größer ist als 9-9,5 inches. Das hatte der Staatsanwalt wohl erkannt, und für die Gerichtsverhandlung sowohl den Gutachter als auch den Stiel des Gutachtens ausgetauscht(weg von Ermittlung der Fußlänge hin zum Vergleich der Fuß- bzw. Schuhabdrücke). Die Verteidiger waren auf diesen Strategiewechsel nicht vorbereitet, und haben sich offensichtlich überrumpeln lassen.

    1. Ich denke, hinsichtlich der Größe ist allein ein Vergleich von Fußabdruck mit Fußabdruck sinnvoll. Und das hat Mr. Hallet offenbar auch gemacht. Er hat nicht nur Merkmale wie etwa Zehenabstand o.ä. verglichen, er hat Folien übereinander gelegt, zudem war immer ein Maßstab zu sehen.

      Die scheinbare Verwirrung resultiert aus dem Durcheinanderwerfen von Abdruckgrößen, Fußgrößen und Maßeinheiten:

      Denn die von Mr. Johnson erwähnten 9,5 inch (=24,13 cm) bezogen sich auf die Länge des Fußabdrucks. Der Fuß selbst ist aber, wenn nicht Großer Zeh und Ferse bis zum letzten mm platt aufliegen, stets etwas größer, und die amerikanische “8” beginnt schon mit ca. 25,3 cm und ist zudem etwas unscharf.

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